Sonographische Leistungen

Presseinformation der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

 
Ultraschall in der Frauenheilkunde - Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe warnt vor diagnostischer Lücke

 
Ultraschalluntersuchungen gehören in der modernen Frauenheilkunde zum diagnostischen Standard, wenn eine Frau mit untypischen, unregelmäßigen oder schmerzhaften Blutungen, mit Ziehen, Druckgefühl und Schmerzen im Unterleib in die gynäkologische Sprechstunde kommt. Im Ultraschall können Veränderungen von Gebärmutter, Eierstöcken und den benachbarten Strukturen ab einem Durchmesser von wenigen Millimetern nachgewiesen werden. Außerdem können auch Veränderungen festgestellt werden, die sich innerhalb der Organe befinden, also innerhalb der Wand der Gebärmutter, des Gebärmutterhalses oder der Eierstöcke.

 

Der Ultraschall ist deshalb bei der Krankheitserkennung neben der traditionellen gynäkologischen Untersuchung, dem Tastbefund (Palpation), eine sehr gute Ergänzung: Zwar können auch in der Tastunterschung Änderungen in der Größe und Form von Eierstöcken und Gebärmutter festgestellt werden, aber erst in einem späteren Stadium. Bei Frauen, die übergewichtig sind und bei Frauen, die bei der Untersuchung die Bauchmuskeln nicht entspannen können, ist allerdings häufig ein feiner Tastbefund unmöglich. Zudem ist die Untersuchungstiefe begrenzt: Es ist auch mit der zweihändigen Untersuchung nicht möglich, alle Regionen im Becken vollständig zu erreichen.

 

Hat eine Frau jedoch keine Beschwerden und kommt zu einem Routinebesuch zur Frauenärztin/zum Frauenarzt, so ist es ihrer Entscheidung überlassen, ob sie zusätzlich zur üblichen gynäkologischen Untersuchung auch eine Ultraschalluntersuchung durchführen lässt oder nicht. Normalerweise wird in dieser Situation ein gynäkologischer Tastbefund erhoben. „Ich selbst schätze die zusätzliche Ultraschalluntersuchung. Ich kann dann meiner Patientin versichern, dass weder durch die Palpation noch durch den Ultraschall eine auffällige Gewebeveränderung in Gebärmutter und Eierstöcken nachzuweisen war. Das ist mehr als die Aussage, dass ich mit meinen Händen durch die Bauchdecke keine Veränderungen getastet habe, und es ist genau die Auskunft, die die Patientin haben möchte, wenn sie aus dem Untersuchungszimmer geht“, so Prof. Dr. med. Klaus Friese, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburthilfe.

 

Die Krankenkassen sehen noch keine Veranlassung, die Kosten für regelmäßige sonographische Untersuchungen ohne vorige Krankheitszeichen zu übernehmen. Sie erwarten zunächst anspruchsvolle Nachweise für den Nutzen des Ultraschalls und machen diesen Nutzen an wenigen, sehr strengen Kriterien fest. Es sollte nämlich nicht nur nachgewiesen sein, dass im Ultraschall Erkrankungen gefunden werden können, die mit dem Tastbefund übersehen würden. Sondern es soll auch nachgewiesen werden, dass es durch die frühzeitige Entdeckung und Behandlung von Krebserkrankungen gelingen kann, dass Frauen länger überleben als wenn eine Krebserkrankung erst in einem späteren Stadium entdeckt worden wäre. Außerdem würden die Kostenträger gern sichergestellt sehen, dass die frühe Erkennung von Erkrankungen einen echten Vorteil für die Patientinnen als statistische Gesamtgruppe darstellt und ausschließen, dass sich durch die frühe Diagnostik lediglich die Zahl von Eingriffen erhöht, die eigentlich gar nicht notwendig gewesen wären. Doch diese Diskussion wird auch beim Brustkrebs-Screening geführt: Jede Früherkennung von Krankheiten führt zu einer frühen Therapie und auch dazu, dass Befunde behandelt werden, die sich möglicherweise im Verlauf des Lebens gar nicht weiter verschlimmert hätten.

 

Um derartige Nachweise zu erbringen – falls sie überhaupt möglich sind –, müssen solche Untersuchungen sehr viele Frauen einschließen und über eine lange Zeit fortgeführt werden. In Großbritannien wird bereits seit zehn Jahren eine große Studie mit insgesamt über 200.000 Frauen durchgeführt (UKCTOCS), die über einen Zeitraum von über fünf Jahren von ihren Ärzten mit oder ohne Ultraschalluntersuchung betreut wurden. Diese Studie konnten zeigen, dass Krebserkrankungen der Eierstöcke in einem früheren Stadium erkannt werden können als ohne Ultraschalluntersuchung, wobei das Screening durch die Bestimmung eines Tumormarkers (Ca 125) aus dem Blut ergänzt wurde.

 

Je früher eine Krebserkrankung entdeckt wird, desto besser sind die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung. Diese Erkenntnis gehört zu den Grundsätzen jeder Strategie zur Früherkennung von Krebserkrankungen. Allerdings steht der Nachweis noch aus, dass die Patientinnen, bei denen eine Krebserkrankung durch die Ultraschalluntersuchung früher entdeckt wurde, anschließend länger überlebt hätten, denn solche Nachuntersuchungen müssen über lange Zeiträume fortgesetzt werden. Die bereits erwähnte Studie in Großbritannien wird noch bis zum Jahr 2014 fortgeführt. Möglicherweise wird es dann neue Erkenntnisse geben, die bestätigen könnten, dass im Ultraschall viele Erkrankungen nicht nur in einem sehr frühen Stadium entdeckt und frühzeitig behandelt werden können, sondern dass die Patientinnen durch die frühe Therapie ihre Krankheit auch länger und mit einer besseren Lebensqualität überleben.

 

Dass die gynäkologische Ultraschalluntersuchung bei einer Frau ohne Krankheitszeichen nicht von den Krankenkassen erstattet wird, spricht nicht gegen ihre Wertschätzung und Sinnhaftigkeit, so Prof. Klaus Friese: Die DGGG empfiehlt in ihren Leitlinien auch die Untersuchung auf Streptokokken-Besiedlung in der Spätschwangerschaft, die bisher von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland nicht erstattet werden;  sie hat eine routinemäßige Untersuchung auf Schwangerschaftsdiabetes schon lange in ihren Leitlinien gefordert, bevor die Krankenkassen sie in ihren Leistungskatalog aufgenommen haben. Andere Untersuchungen wie eine CMV-Diagnostik in der Frühschwangerschaft hält Prof. Klaus Friese ebenfalls für sinnvoll, ebenso eine HPV-Impfung auch außerhalb des von den Kostenträgern vorgegebenen Intervalls von 12 bis 17 Jahren, wenn eine junge Frau das Impfintervall verpasst hat. „Die gynäkologische Ultraschalluntersuchung gehört zu den wichtigen Standards einer modernen Frauenheilkunde. Sie ist als Untersuchungmethode unschädlich und bringt uns Ärzten und Ärztinnen ebenso wie der Patientin einen zusätzlichen Erkenntnisgewinn“, so Prof. Friese. Die Gefahr, dass durch die Ultraschalluntersuchungen viele harmlose Erkrankungen entdeckt und viele Operationen durchgeführt werden, die eigentlich unnötig gewesen wären, sieht er nicht: „Hätten wir so wie noch vor 20 Jahren nur den Tastbefund, so müssten wir bis heute sicherheitshalber jede Frau mit einem tastbaren Befund an Gebärmutter oder Eierstöcken operieren. Dank Ultraschall sind wir davon inzwischen längst abgekommen.“

© DGGG 2012

Dr. med. Susanna Kramarz

 

Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit

Referentin des Leitlinienbeauftragten

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